Griechenland kämpft mit einer ernsten Wohnungskrise. Neben strukturellen Problemen ist dies teilweise auf die politischen Entscheidungen der griechischen Behörden zurückzuführen.
Das Thema fand in den Medien nur wenig Beachtung, wie so häufig bei Themen, die die Regierung in eine unangenehme Lage bringen. Doch Griechenland befindet sich in einer ernsten Wohnungskrise. Neben strukturellen Problemen ist dies teilweise auf die politischen Entscheidungen der griechischen Behörden zurückzuführen.
Das Baugewerbe, insbesondere der Wohnungsbau, war nach der Euro-Einführung Anfang der 2000er Jahre eine der wichtigsten treibenden Kräfte des griechischen Wirtschaftswachstums. Die Einheitswährung brachte der griechischen Wirtschaft Liquidität und Euro-Zinsen in einem Umfang, wie ihn die Menschen im Land noch nie zuvor erlebt hatten. Das führte zu einer erheblichen Ausweitung der Kreditvergabe für alle Arten von Darlehen, insbesondere Hypotheken.
Die Investitionen in den Wohnungsbau erreichten ihren Höhepunkt in den Jahren zwischen 2004 und 2008, als sie etwa 10 Prozent des BIP und mehr als 40 Prozent der Gesamtinvestitionen ausmachten.
Die Schuldenkrise von 2010 traf den Immobilienmarkt unmittelbar. Die Wohnungsbauinvestitionen wurden fast bedeutungslos und sanken auf den jüngsten Tiefstand von 0,6 Prozent des BIP im Jahr 2017. Gleichzeitig sank ihr Anteil an den Gesamtinvestitionen im selben Jahr auf nur 5,2 Prozent.
Durch die langanhaltende Schuldenkrise, die Griechenland fast ein Jahrzehnt lang keine wirtschaftliche und politische Ruhe gönnte, stand das verfügbare Einkommen im Land über viele Jahre hinweg unter Druck. Dies führte zu einem Einbruch der Wohnungsnachfrage, der Wohnungspreisindex fiel von über 100 Punkten auf unter 60 im Jahr 2017.
Das verfügbare Einkommen und der Wohnungspreisindex verzeichneten 2010 und 2012 jährliche Rückgänge von bis zu 10 Prozent, beide kehrten erst 2018 zum Wachstumskurs zurück.
Die beispiellose Schwere und Dauer der Krise führte auch zu strukturellen Problemen auf dem Immobilienmarkt, da fast ein ganzes Jahrzehnt lang kaum neue Wohnungen gebaut wurden.
In einer aktuellen Studie schätzt die Piräus-Bank, dass während der Krise etwa 197.000 neue Haushalte gegründet wurden, während zwischen 2012 und 2022 schätzungsweise nur 155.000 neue Wohnungen gebaut wurden.
Dieses Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage – es fehlen etwa 40.000 Wohnungen - wird durch die Tatsache verschärft, dass sich das Einkommen der griechischen Haushalte kaum von der Schuldenkrise erholt hat und durch die Pandemie und die Inflation, die seit fast zwei Jahren die Realeinkommen schmälert, weiter belastet wird. Dies wirft die berechtigte Frage nach den Entscheidungen der Regierung auf, die die Immobilienkrise in Griechenland verschärft haben.
In derselben Studie kommt die Piräus-Bank zu dem Ergebnis, dass der Nachfragedruck nach Wohnraum auf dem griechischen Markt durch 197.000 Immobilien, die auf Kurzzeitvermietungsplattformen wie Airbnb zur Verfügung gestellt wurden, noch verstärkt wurde, so dass insgesamt 212.000 Wohnungen fehlten.
Angesichts eines solchen Ungleichgewichts stellt sich die Frage, warum die griechischen Behörden das „Goldene Visum“ für Immobilieninvestoren aus dem Ausland, das in den vergangenen Jahren ebenfalls als großer Erfolg gepriesen wurde, so aggressiv vorangetrieben haben. Denn die Regierung griff nur geringfügig regulierend ein, so dass sich das Problem verschärfte. Sie ließ den Kurzzeitmietmarkt weitgehend unreguliert, und konzentrierte sich in erster Linie darauf, so viele Einnahmen wie möglich aus diesem Bereich zu erzielen.
Über das „Goldene Visum“ sind schätzungsweise 5,54 Milliarden Euro an ausländischen Geldern in den griechischen Immobilienmarkt geflossen. Nach Angaben des Migrationsministeriums beläuft sich die Zahl der bewilligten Anträge und derjenigen, die in Kürze bewilligt werden sollen, auf 22 298. Allein im letzten Jahr wurden 8.351 Anträge gestellt und 4.231 genehmigt, was zu Investitionen in Höhe von schätzungsweise 2 Milliarden Euro führte.
Bis Anfang letzten Jahres lag die Mindestsumme für den Kauf einer Immobilie bei 250.000 Euro. Auf Druck der Opposition und angesichts der Tatsache, dass das Wohnungsproblem im Wahlkampf 2023 Thema war, wurde diese Summe für begehrte Standorte wie Athen, Thessaloniki und die Kykladeninseln auf eine halbe Million Euro verdoppelt.
Die Regierung war gewarnt worden, dass eine solche lokal selektive Anhebung der Investitionssumme in andere, nahe gelegene Gebiete ausstrahlen würde. Dies ist bereits in der Hafenstadt Piräus bei Athen zu beobachten: Dort sind die Immobilienpreise um mehr als 10 Prozent gestiegen.
Da einheimische Käufer nach einer jahrzehntelangen Krise unter Druck stehen und der Markt ein knappes Angebot aufweist, werden die Investitionen von ausländischen Käufern mit „prallen Taschen“ dominiert, die bereit sind, den geforderten Kaufpreis zu zahlen, um sich so eine unbeschwerte Reise um die Welt zu sichern.
Die Anträge werden von chinesischen Käufern dominiert, die etwa die Hälfte der mehr als 15.000 erteilten Visa ausmachen. Auch Investoren aus der Türkei, Russland und dem Libanon machen einen beträchtlichen Anteil aus.
Diese Dynamik hat dazu geführt, dass viele Griechen aus dem Immobilienmarkt verdrängt wurden, da die Preise seit dem Tiefstand von 2017 um fast 40 Prozent gestiegen sind, während sich das verfügbare Einkommen der Haushalte in dieser Zeit kaum verändert hat.
Die Griechen sind zudem mit einer restriktiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der Abhängigkeit von der Kreditvergabe der Banken konfrontiert. Der durchschnittliche variable Zinssatz für Hypotheken lag im Dezember nach Angaben der Bank of Greece bei mehr als 5 Prozent.
Vor den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr räumte die Regierung ein, dass junge Paare vom Immobilienmarkt ausgeschlossen seien, und führte das Programm „My Home“ ein, das jungen Paaren im Alter bis zu 39 Jahren günstige Kredite von bis zu 150.000 Euro für Immobilien im Wert von bis zu 200.000 Euro gewährt.
Obwohl das Programm auf Interesse stieß und die Zahl der Anträge seit seiner Einführung im April letzten Jahres zunahm, machte sich die Marktrealität bald bemerkbar. So genehmigten die Banken zwar die Anträge, aber es standen keine geeigneten Immobilien zur Verfügung, so dass Paare vom Kauf de facto ausgeschlossen wurden.
Nun, da die griechische Wirtschaft sich auf einem stabileren Wachstumspfad befindet, erfordert die derzeitige Lage auf dem Wohnungsmarkt einige mutige Entscheidungen. Eine dieser Entscheidungen wird die Existenzberechtigung des „Goldenen Visums“ betreffen, das während der Wirtschaftskrise zwar zu Einnahmen geführt hatte, inzwischen aber offenbar mehr Schaden als Nutzen anrichtet.
Wie Kathimerini am Wochenende (3./4. Februar) berichtete, erwägt die Regierung eine Anhebung des Grenzwerts für das „Goldene Visum“ als Reaktion auf die Wohnungskrise, zu der das Programm beigetragen hat. Berichten zufolge prüfen die Behörden auch, wie sie dem Wohnungsmarkt etwa 650 000 Immobilien zur Verfügung stellen können, die derzeit leer stehen, aber Unregelmäßigkeiten aufweisen und sich in den Händen von Dienstleistern befinden, die faule Kredite von Banken aufgenommen haben. Offenbar ist sich die Regierung inzwischen des Ausmaßes des Problems bewusst, zu dem ihre Entscheidungen beigetragen haben.
[Mit freundlicher Genehmigung von Macropolis, www.macropolis.gr]
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